Paartherapie? Beziehungen im Wechsel
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Frau Dr. Sabine Bösel ist Psychotherapeutin und hat zusammen mit ihrem Mann (der ebenfalls Psychotherapeut ist) schon alle Höhen und Tiefen einer Beziehung durchlebt. Seit dem 1. Jänner 2017 blicken die beiden nun schon auf vierzig gemeinsame Jahre zurück. Sie haben sich nie aufgegeben sondern an ihrer Beziehung gearbeitet, weil sie zusammen bleiben wollten. Wie „die Bösels“ das gemacht haben, vermitteln sie in einem Workshop, in dem Paare lernen können, schon vor der Krise etwas zu machen, anzusprechen, dass sie mit einer Situation nicht mehr zufrieden sind.
Außerdem spricht Frau Dr. Bösel offen über ihre Erfahrungen in den Wechseljahren und wie sie mit den Beschwerden umgegangen ist.
Wie hoch schätzen Sie das allgemeine Bewusstsein, dass auch Männer sogenannte Wechseljahre durchleben können, ein?
Sehr gering würde ich sagen, weil es ja nicht so etwas Spektakuläres ist wie bei den Frauen, wo das Ausbleiben der Regel ja ein wirklicher Wechsel in einen anderen Lebensabschnitt ist. Bei den Männern glaube ich, ist es viel fließender, natürlich werden sie auch älter und es verändert sich was.
Menschen in der Lebensmitte haben vielleicht auch den Drang auf einen Neubeginn. Wann beginnen Paare eine Therapie?
Oft ist es so, dass eine/einer sich trennen will und der andere sagt: „Geh komm, probieren wir es noch einmal, lass uns eine Therapie beginnen“. Der, der sich trennen will, ist ja auch traurig und nicht zufrieden mit der Situation. Manchmal ist eine dritte Person im Spiel.
Man hört immer wieder, dass die Krise z. B. bemerkbar wird, wenn die Kinder aus dem Haus sind. Warum ist das so?
Weil dann ein neuer Lebensabschnitt beginnt, die Aufmerksamkeit geht von den Kindern weg und damit werden die Ansprüche auch anders. Bis dahin wurde auch schon auf viel verzichtet, man merkt, dass die Batterie langsam leer wird, sowie auch die Batterie der Beziehung sich leert.
Da merkt die Frau zum Beispiel dann schon, er kommt nicht nach Hause, was der Klassiker ist. Umgekehrt kann es natürlich auch sein. Ein Paar ist dann mehr auf sich zurückgeworfen. Sie müssen dann wieder zum Ursprung der Beziehung zurückfinden, bevor die Kinder da waren um vielleicht das wieder zu finden, oder etwas ganz Neues, wo man sich entschließt, so verbringen wir unsere Freizeit, unsere Abende zusammen.
Es ist wichtig, dass man als Eltern auch noch ein Paar bleibt und diese Beziehung als Paar nicht komplett den Kindern untergeordnet wird und sich das Paar aus den Augen verliert. Man sollte sich als Paar einen Abend nehmen, an dem die Kinder, der Haushalt oder sonstige unerotische Dinge nicht wichtig sind und man sich als Paar wieder spürt, sich neu begegnet, dem anderen zeigt, wie attraktiv man ihn findet. Kultur, Sport, was immer beiden gefällt und beide gerne zusammen machen.
Wie hoch ist der Anteil der Paare, die wegen einer „Beziehung im Wechsel“ zu Ihnen kommen?
Das kann man so nicht sagen. Oft kommen Paare nach dem 2. Kind. Das ist auch ein nicht zu unterschätzender Wechsel. Meistens ist ein Partner unzufrieden mit der Situation und es ergibt sich dann erst in der Therapie, dass vielleicht auch die Veränderungen beim Mann eine Ursache für die Probleme in der Beziehung sein können.
Oder die Frau geht nach einer längeren Pause wieder arbeiten und bemerkt plötzlich, dass ihr andere Männer Komplimente machen, und sie fragt sich, wann ihr Mann das zum letzten Mal gemacht hat. Eigentlich fühlt sie sich nicht mehr als Frau wahrgenommen sondern als Muttertier zu Hause, die Versorgerin, die Haushalts-Managerin, da können sehr leicht „bedrohliche Vibes von außen“ daher kommen.
Wer ergreift die Initiative zum Erstkontakt?
Eher die, die in Not sind, also die Angst haben, dass der Partner/die Partnerin fremdgeht oder dass die Beziehung in die Brüche geht.
Dann gibt es Männer, die sagen, dass die Frau die Paartherapie wollte und er dachte, sie beide könnten so auch miteinander reden, dafür würde es keine Therapie brauchen. Oder ein Mann hat das Gefühl, seit einiger Zeit stimmt was nicht und jetzt hat er gehört, sie hat da einen Verehrer oder Lover - da greifen Männer relativ schnell zum Hörer und machen einen Termin aus.
Ab wann ist es sinnvoll, mit einer Paartherapie zu beginnen?
Eigentlich ist das Beste, sich schon vorher Hilfe oder Input zu holen und nicht erst, wenn es sozusagen fünf nach zwölf ist.
Es hat sich in den letzten zwanzig Jahren schon auch das Bewusstsein geändert. Früher kamen die Menschen in der Krise, jetzt kommen immer mehr Personen oder Paare schon, wenn sie das Gefühl haben, dass schon länger was nicht stimmt, oder sie sagen sich „wir streiten so viel, jetzt machen wir was“.
Es ist mittlerweile gesellschaftsfähiger geworden, manche müssen es trotzdem noch hinter vorgehaltener Hand sagen, aber doch viele genieren sich nicht und sagen „ja wir machen jetzt eine Paartherapie, wir tun uns was Gutes, wir schauen, dass wir wieder besser miteinander reden können“.
In einigen Kreisen ist es aber immer noch verpönt und nicht selten wird auf das Bekenntnis zur Therapie mit einem „was, euch gehts so schlecht?“ reagiert. Es wird sofort darauf geschlossen, dass irgendetwas Schlimmes, Feuer am Dach ist. Aber manche, die schlau sind, machen eben schon vorher eine Therapie, wenn sie merken, es läuft längere Zeit schon nicht mehr so gut. Wenn ein Paar eine Krise gemeinsam meistert, stärkt und intensiviert das die Beziehung .
Wenn die Bindung zwischen dem Paar sehr stark ist, kommen die Partner auch wieder zurück, doch es gibt Verletzungen, die passiert sind. Da muss man überlegen bzw. daran arbeiten, ob man das verzeihen kann.
Wie ging es Ihnen in der Phase der Wechseljahre und wie hat es sich in Ihrer Beziehung bemerkbar gemacht?
Ich hab schon einige Beschwerden gehabt, Wallungen zum Beispiel. Das fand ich nicht so schlimm, dagegen gibt es in jeder Apotheke verschiedene Produkte und nachdem ich begonnen habe, was einzunehmen, wurde es besser. Außerdem konnte ich einige Zeit nicht durchschlafen, was ich bis dahin nicht gekannt habe.
Am Anfang bin ich in der Wohnung herumgegangen, ich war so aufgekratzt, dass ich dann irgendwann kapiert habe, es ist was im Ungleichgewicht mit den Hormonen und dann versucht, irgendetwas zu machen, was fad ist, eine langweilige Tätigkeit wie Buchhaltung oder bin spazieren gegangen und hab dann vom Bäcker frische Semmeln mitgebracht . Ich habe versucht, die Nächte so rüberzubringen, dass es für mich ok war,
Mein Glück war auch ,dass ich in der darauffolgenden Nacht immer schlafen konnte, also nicht mit tagelanger Schlaflosigkeit konfrontiert war. Das ist wichtig, weil ich wusste, es gibt diesen Tag, da bin ich nicht ausgeschlafen und nicht so gut drauf, aber ich weiß, die nächste Nacht kann ich wieder durchschlafen und dann gehts. Es gibt ja auch Frauen, die das über Wochen haben, was ein ziemlich schlimmer Zustand ist. Da sollte man dann auch zum Arzt gehen und sich beraten lassen.
Wenn es so schlimm ist, kann die Einnahme von Hormonen sinnvoll sein, bei mir war es zum Glück nicht so schlimm. Eine zeitlang hatte ich einen Zyklus, dann wieder nicht. Es war ein richtiger „Wechsel“ im wahrsten Sinne des Wortes. Zwischendurch habe ich mir schon gedacht, ich noch eine vollwertige Frau bin, fühlt es sich gut an, wenn ich die Menstruation nicht mehr habe? Als es dann soweit war, habe ich mich immer noch als dieselbe Frau gefühlt, ich bin immer noch die gleiche. Ich habe befürchtet, dass ich dann irgendwie sehr schnell altern werde, aber ich empfinde das jetzt nicht so.
Ich habe auch das Glück, dass mein Mann mir sehr viele Komplimente macht, das macht auch etwas aus. Manche Frauen sagen schon, dass sie sich hässlich fühlen, als Frau ist man ja sehr streng mit sich selbst, leider. Und wenn du dann einen Mann hast, der dir keine Komplimente macht, weiß ich nicht, wie das ist. Dann machst du dir vielleicht Gedanken, wenn dein Mann nichts sagt und auf einmal bemerkst du, wie er dann 25jährigen Frauen mit super knackiger Figur nachschaut, das ist nicht leicht.
Spürt Ihr Mann auch einen „Wechsel“ und wie geht er damit um? Hat er es von sich aus angesprochen?
Bemerkt hat er schon etwas, es waren auch „Wechselbeschwerden“, aber das ist uns damals nicht eingefallen. Er merkt halt auch, dass er nicht jünger wird und wenn er in der Früh aufwacht, dann tut ihm was weh. Das ist eben eine Alterserscheinung.
Wir haben beschlossen, dass wir uns viel Gutes tun um fit zu bleiben, dass wir uns gönnen, Pilates und Yoga zu machen, uns diese Zeit für uns nehmen und bemerken wie es uns danach besser geht. Ausreichend Bewegung ist in jedem Fall zu empfehlen!
Wenn sich Affären ergeben - welche Tipps können Sie geben? Ist es besser den Seitensprung zu verschweigen oder sollte es die Parnterin/der Partner erfahren?
Man sagt, Gelegenheit macht Diebe. Wenn man irgendwo auf einem Seminar ist, und es ergibt sich was, finde ich, muss man es nicht unbedingt beichten. Es muss jedoch ein einmaliger Ausrutscher sein und darf wirklich keine Bedeutung für die eigene Beziehung haben.
Anders verhält es sich, wenn es etwas Bedeutungsvolles ist und man so ein Geheimnis mit sich herum trägt. Das kann einen auf die Dauer vom Partner entfernen und eine Distanz schaffen, da sollte man - auch wenn das sehr schmerzhaft ist - die Karten auf den Tisch legen.
Nähere Informationen zum Workshop erhalten Sie an den verschiedenen Vortragsabenden (12.9., 10.10., 14.11., 12.12. 2017 und 16.1., 13.2., 13.3. ,10.4. ,8.5., 12.6.2018) in den Räumen der Praxis im 8. Bezirk, wo „die Bösels“ die Inhalte des Workshops präsentieren und persönlich auf ihre Fragen eingehen.
Therapie Zentrum 8,
Maria Treu Gasse 1/5,
1080 Wien,
Telefon: 01/402 17 00-10
www.boesels.at
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Bildquelle:
Fotostudio Liewehr